speedy

Speedy - Kurzinfo

Helping Dog

geb. am 19.2.2013 in einem Tierheim in Sofia/Bulgarien

Deprivations- und Angsthund

"Wanderpokal"-Schicksal

seit September 2013 bei Mirjam - durch behutsame und sehr  kleinschrittige Verhaltenstherapie aufgeblüht

2014/15 Ausbildung zum Helping Dog (inkl. Prüfung und Zertifizierung)

seither Mirjam´s Helping Dog, quasi "Privat-Assistenzhund"


Speedy - Vita

(mit kritischen Bemerkungen zum "Tierschutz")

Speedy wurde am 19.2.2013 in einem Tierheim in Sofia/Bulgarien geboren und hatte beileibe keinen guten Start ins Leben. Die Tierheimmitarbeiter*innen waren aufgrund der unüberschaubaren Vielzahl an Hunden und v.a. wegen ihrer mangelnden Kenntnisse über Entwicklungsphasen von Welpen (bzw. Verhalten von Hunden im Allgemeinen) nicht in der Lage, ihn auf das vorzubereiten, was ihn in einem "normalen" Leben erwartet. Selbst Alltäglichkeiten, wie z.B. das Anlegen eines Brustgeschirrs positiv zu verknüpfen, an der Leine spazieren zu gehen, Auto zu fahren usw., wurden nicht mit ihm geübt, es wurde praktisch nichts mit ihm unternommen, wodurch er auch kaum etwas von der Welt kennenlernte. Durch die schlechten Aufzucht- und Haltungsbedingungen und den Mangel an Umweltreizen wurde er depriviert, somit unsicher und ängstlich.

Auch mit seinem österreichischen Pflegeplatz, zu dem er als Halbjähriger gebracht wurde, hatte er kein Glück: Wie ein "Wanderpokal" wurde er innerhalb nur weniger Wochen zwischen vier (!) Pflegestellen "weitergereicht", weil die Betreuungspersonen weder das Wissen noch die Empathie und Geduld für einen Deprivationshund besaßen, im Gegenteil seine Defizite unwissentlich noch verstärkten, da sie keine Ahnung von "Hundesprache" hatten. Solch fragwürdige "Tierschutzpraktiken" sind meiner Meinung nach kein Tierschutz, sondern tierschutzwidrig und nach heutigen wissenschaftlichen und ethischen Erkenntnissen nicht akzeptabel (mehr dazu siehe Handicaphunde und Deprivation).

Als Speedy im September 2013 zu mir in Pflege kam, war mir sofort klar, dass es sich bei diesem 7-monatigen hübschen Kerlchen um einen Angsthund mit besonderen Bedürfnissen handelte, der sehr viel Behutsamkeit und Geduld brauchen würde. Denn so gut wie alles in der ihm fremd und unberechenbar, ja bedrohlich erscheinenden neuen Umgebung versetzte ihn in Stress und Angst, was nicht verwunderlich ist, weil er nie die Chance erhielt, unter sicheren und vertrauensvollen Umständen funktionierende Bewältigungsstrategien für neuartige und furchtauslösende Situationen zu lernen. Speedy zeigte neben der für Deprivationshunde typischen Neophobie (Angst vor Neuem) extreme Geräuschangst (selbst banalste Haushaltsgeräusche, wie bspw. Geschirrklappern, ließen ihn panisch flüchten und wenn Gräser oder Blätter im Wind auch nur leise raschelten, erstarrte er vor Schreck)!

Das Alltagsgewöhnungstraining konnte nur mit unendlicher Geduld und in unvorstellbar kleinen Schritten erfolgen - ohne Zeitdruck, ohne Leistungsdruck, ohne Stress, dafür mit viel positivem Feedback, Empowerment und schmackhaften Belohnungen! Von großer Hilfe war mir dabei meine alte Servicehündin Leah, die den kleinen Speedy wie ihr eigenes Junges aufnahm, bemutterte und erzog - und er liebte sie dafür abgöttisch (bis zu ihrem Tod im Oktober 2018 war zwischen den beiden eine ganz besonders innige, liebevolle Beziehung)! Als seine Ersatzhundemami brachte sie ihm alles - aus Hundesicht - Wichtige bei und er lernte wie ein Musterschüler von seinem großen Vorbild!

Ebenso außerordentlich erfolgreich verlief mein verhaltenstherapeutisches Training mit Speedy, auch wenn wir naturgemäß für alles unglaublich viel Zeit brauchten (z.B. dauerte es etliche Wochen, bis er gelassen ins Brustgeschirr schlüpfte, gar monatelang (!), bis er sich von allein ins Auto einzusteigen getraute).

Mittlerweile ist Speedy ein selbstsicherer und überaus charamanter Hund, der außerdem hochmotiviert viele Servicehund-Aufgaben mit Perfektion und Freude ausführt. Auch dies ist Leah zu verdanken, denn er lernte das meiste von ihr - durch Nachahmung! Bereits kleinst Ansätze seiner Hilfeleistungen wurden dann von mir gefördert und nachdem er sich immer wieder als fähig und zuverlässig erwiesen hatte, bildete ich ihn gezielt wie einen angehenden Assistenzhund aus.

Dabei war Speedy auch selbst durchaus kreativ, indem er immer wieder neue Hilfestellungen "erfand" (bspw. meine Rückenstützkissen von einem Platz zum anderen zu tragen, je nachdem, wo ich sie grad benötige; oder die Holzscheite zum Einheizen aus der Veranda ins Wohnzimmer zum Kachelofen zu bringen)!


Weil er so begeistert, aufmerksam und sorgfältig beim Helfen war und zudem sogar die Klettverschlüsse meiner Orthesen und Schuhe zu öffnen lernte (ein wahres Wunder bei einem Hund mit vormaliger massiver Geräuschangst, bei dem das "Ritsch-Ratsch" von Klettverschlüssen einst Panikattacken auslöste!), dachte ich gar in meiner Euphorie, aus ihm einen staatlich geprüften Servicehund machen zu können ... nu, da war ich eindeutig "blind vor lauter Liebe";-)

Nichtsdestotrotz steht ihm die Assistenzhunde-Kenndecke doch sehr gut und er trägt sie auch voller Stolz!!

Denn auch wenn Speedy sich überaus geschickt anstellte - alle Hilfeleistungen funktionierten nur, solange wir unter uns und in vertrauter Umgebung waren. Trotz aller Erfolge darf man nämlich nie vergessen, dass Deprivationshunde auch bei bester Nachbetreuung ihr Leben lang mehr oder weniger gehandicapt bleiben, weil gewisse Defizite aus der frühen Sozialisationsphase nicht wieder gut zu machen sind. Bei ungewohnten Ereignissen, in einem nicht vertrauten Umfeld oder wenn fremde Leute dabei sind, kommt es "instinktiv" im allerersten Moment zu einer Schreckreaktion und zu Meideverhalten - also nicht gerade die besten Voraussetzungen für den Einsatz als Assistenzhund.

Beim Training wird Speedy gezielt, aber behutsam und mit Bedacht an stets neue Situationen herangeführt, damit er zum einen die Erfahrung macht, dass "alles gar nicht so schlimm" ist und zum anderen seine bisher erlernten Coping-Strategien erfolgreich anwenden und ausbauen kann. In seiner freundlichen, hilfsbereiten und eifrigen, dabei sanften und bedächtigen Art ist er stets mit Engagement und Intelligenz (sowie meiner aufmunternden Unterstützung) dabei, alle Herausforderungen meistern! Hingegen, wie gesagt, nur im vertrauten Setting ...

Von seiner Persönlichkeit sowieso ein hochsensibler, zurückhaltender B-Typ, sitzen v.a. seine Traumatisierungen während der "Wanderpokal"-Phase ganz besonders tief, weshalb er sich bei fremden Menschen zunächst einmal - für Minuten, Stunden oder gar Tage - misstrauisch zurückzieht: aus sicherer Entfernung alles beobachtend, rückt er sodann fast unmerklich immer näher, bis der Bann schließlich gebrochen ist. Hat er einen Menschen erst mal in sein Herz geschlossen, zeigt er ihr/ihm dies auch durch inniges Kosen und Küssen, was ihm den Spitznamen "Küsserkönig" einbrachte;-)

Jedenfalls trugen unsere Bemühungen reichlich Früchte: nicht nur, dass Speedy mir bis heute von großer Hilfe ist (noch dazu, wo Leah und Gizmo nicht mehr da sind), sondern er wurde zum zukunftsweisenden Prototyp und "Role-model" für meine Idee der Helping Dogs und ist nunmehr der allererste zertifizierte Helping Dog, der erste Haushaltshilfehund bzw. Handicapbegleithund - trotz seiner eigenen Handicaps!

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Da sich glücklicherweise (baruch ha-Shem!) meine Körperbehinderung insoweit gebessert hat, dass ich keinen Rollstuhl mehr brauche (zumindest nicht, solange ich meine Orthesen an den Beinen habe), bin ich auch nicht mehr ständig auf die Hilfeleistungen eines Servicehundes angewiesen. Mir reicht es vollauf, wenn Speedy mich zuhause und auf unseren Spaziergängen unterstützt, indem er mir heruntergefallene Dinge aufhebt, unterwegs verlorene Sachen sucht, findet und wiederbringt, Schuhe und Socken auszieht, mir Lesebrille, Smartphone, Schlüssel und andere wichtige Gegenstände nachträgt u.v.a.m. - ich bin sehr, sehr zufrieden und glücklich mit meinem ganz persönlichen Helping Dog, auch ohne staatliche Assistenzhundeprüfung [außerdem gibt es die hier in Deutschland eh noch gar nicht, so gesehen ist Speedy mit seinem Zertifikat eigentlich "überqualifiziert";-)]!

Für mich ist es einfach immer wieder wundervoll und beglückend, wenn ein (ehemaliger) Deprivationshund Vertrauen zu sich selbst und zu anderen findet, sich seine Persönlichkeit entfaltet und sich seine Ängste Schritt für Schritt durch positive Erlebnisse bzw. Begegnungen abbauen, sodass dieser Hund letztlich Freude und Spaß am Leben hat! Und dass er weiß, egal was passiert und egal, ob er es fürs erste nicht selbst bewältigen kann, es ist stets sein Partner Mensch für ihn da, um ihn durch alles sicher hindurch zu lotsen:-)